Alltag in der Home-Office



Wie versprochen anbei noch der kurze Einblick in meine Home-Office....

Nichts gegen Home-Office. Es ist praktisch, ich kann für meine Kinder da sein, schaffe mir Zeitfenster, lerne, mich so gut es geht zu organisieren und es hindert auch mein Gehirn zumindest teilweise daran, in der Über-Mutter-Rolle zu degenerieren. Aber manchmal ist es auch einfach nur ein Konzept, das nicht aufgeht. Ich glaube, dass Menschen, die Home-Office für junge Eltern hoch loben, selbst keine Kinder haben. Warum? Kommen Sie doch einfach mal mit in den Alltag mit zwei kleinen Kindern und einem Home-Office-Teilzeit-Job.
Es ist halb sieben an einem ganz normalen Arbeitstag in der Home-Office. Der Babywecker ist an und trinkt schon seit sechs Uhr. Jetzt wird er lauter und wir müssen aufstehen. Die Große bleibt erstmal liegen, dann gibt es Kaffee, Windel und ich zieh mich und die Kleine an. Die Große kommt dazu, Hose, Pulli, Zöpfchen, Zähneputzen und nebenher das Aufräumen, was die Kleine aus dem Badschrank gezogen hat. Runter, Kakao, zwei Runden Memory von denen ich mindestens eine verliere, Jacke, Mütze Schuhe, wir sind zu spät, kurzer Ausraster, weil ich den linken Schuh vor dem rechten angezogen habe, Baby schreit, weil es verpackt wurde, schaut dann plötzlich entrückt in die andere Richtung, ehe es mich wieder anschaut und pfrrrppt macht. Windel voll, wie immer im passendsten Moment. Ausziehen, frisch machen, anziehen, los zum Kindergarten. Ich bin müde. Was liegt für die nächsten Tage an? Eine Kolumne, Termine tippen, eine freie Reportage durchdenken und Interviewpartner finden. Kindergarten, Hausschuhe sind weg, schnell raus, winken, heute kein Drama. Baby ins Auto, nach Hause, Brei. Nebenbei die Waschmaschine füllen, die Kleine macht Frikassee aus einem Roggenbrötchen. War das ein Augenreiben? Inzwischen ist es fast 10, ich nutze die Gunst der Stunde, Baby auf dem einen Arm, Wäschekorb auf dem anderen, hoch, Windel, Bett. Beim Stillen plane ich, suche Überschriften, fange an zu formulieren, viel Zeit ist nicht. Baby schläft endlich, ich auch fast, die guten Formulierungen sind flöten. Fix runter, nochmal einen Kaffee machen, Computer an. Schnell ein bisschen Wäsche zusammengelegt, war das die Waschmaschine? Hm… was mach ich zuerst? Egal, Computer fährt hoch, ich häng die Maschine noch schnell auf. Word öffnet nicht, Mist! Okay, erstmal einen Schluck Kaffee, dann eben Internet. Wühle, suche, mache Notizen, stecke mir einen Rahmen. Was koch ich denn gleich? Ich stelle Kartoffeln auf. Warum liegt hier so viel Kram? Räume die Plastiksachen in die Schublade der Kinder zurück und das Spielzeug auf dem Wohnzimmerboden in die Kisten. Hatte der Verlag sich eigentlich nochmal gemeldet? 11:30, ich habe einen groben Text, bin auch schon ganz zufrieden mit der Kolumnenidee, aber es will noch nicht so recht lustig werden. Quäken übers Babyphone, na gut, dann eben morgen früh weiter. Jetzt müssen wir eh einkaufen. Mit Babybrei verschmiertes T-Shirt wechseln, wer hat meine Mascara versteckt? Die Kleine kaut auf meinem Haargummi, alle angezogen, los. 14 Uhr, Kindergarten, dann nach Hause, ersten Hunger versorgen, erzählen, lachen, eine Runde Lotti-Karotti. Die Kleine schreit, darf die Spielfiguren nicht essen, will nicht schlafen, ich krabbel mit ihr am Boden rum, die Große tanzt im Tütü. Mein Handy piept und sagt mir, dass meine Interviewpartnerin gerne morgen gegen 13 Uhr Zeit hat. Schade, da habe ich Spielstunde. Das Getöse ignorierend, schleiche ich zum PC, bitte um Vorverlegung, schwitze schon. Es regnet draußen, was machen wir denn jetzt? Auf dem Spielplatz könnte ich wenigstens noch einmal ins Internet und noch ein paar Fakten für das Interview – natürlich um 13 Uhr – zusammensuchen. Ich habe schon wieder Brei auf dem Pullover, warum eigentlich? Es sind alle friedlich und spielen, ein selten schöner Anblick, also nochmal an die Termine. 10 Termine und 5 Unterbrechungen, zwei Pixi-Bücher und eine Stillpause später hat es aufgehört zu regnen und ich packe Tee und Notizblock ein. Handy hat noch Akku, perfekt. Home-Office nach draußen verlegt, Mini-Display und kalter Hintern in alten Jeans. Vielleicht lasse ich es aber auch einfach für heute gut sein und besinne mich auf den Job, den ich seit über vier Jahren mit Leib und Seele und cum laude 24 Stunden am Tag und an Feiertagen gefühlt doppelt so lange mache, und sehe der Großen beim Klettern und der Kleinen beim Blätter essen zu. Es gibt Tage, da möchte ich wieder ins Büro. Saubere Kleider tragen, Kaffee mit erwachsenen Menschen trinken, ein Telefongespräch zu Ende führen… Aber wenn ich die Mäuse so ansehe, muss ich zugeben, war das heute keiner davon.
Aber der nächste, der mir sagt, Home-Office mit Kindern sei doch so spitze zu organisieren, den haue ich.

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