Familienleben heute – Papa, Mama, Klapsmühle?




Vater, Mutter, Kind, Generationen von Menschen haben dieses Spiel gespielt und leben es, zumindest vordergründig. Familienverband, Eltern und Kinder. Heimat, Wohlfühlen, daheim und angenommen sein. Aber wenn die eigenen Kinder kommen, sagt den Neu-Eltern keiner, was da tatsächlich über sie hereinbricht. Was diese bis an die Zähne mit Schnullern, Spucktüchern und selbstgekochtem Brei bewaffneten Muttis noch nicht wissen, für die die Apokalypse bereits beginnt, wenn das letzte sorgsam ausgekochte Schnuffeltuch auf den tödlich schmutzigen Boden fällt: Durchwachte Nächte, Dreimonatskolik und Zahndurchbruch sind nur der Anfang. Richtig hart wird das Erziehungsdschungelcamp dann, wenn man vorsichtig bereits zu hoffen beginnt, es sei alles in trockenen Tüchern: Kind läuft, sitzt auch mal allein in der Kuschelecke und liest, isst am Tisch mit. Aufatmen? Aber nein! Jetzt geht es erst richtig los mit den kleinen und großen Machtspielchen, dem dauernd Habenwollen, Austesten, Durchsetzen. Und wenn man Pech hat, lässt man sich im falschen Moment auf Streitereien ein, lässt sich aus der Fassung bringen und zieht den Kürzeren, wenn man es nicht schafft, das Kind in die Schranken zu weisen. Familie = Klapsmühle?
Wie zur Hölle haben unsere Eltern es hinbekommen, uns zu vermitteln, dass alles gut ist, das jeder am richtigen Platz und alle irgendwie zufrieden und glücklich sind? Wie so oft bin ich zu meinen eigenen Wurzeln zurückgegangen und habe Mutti gefragt, wie sie mit uns kleinen, immer kranken, machthungrigen und nöligen Plagen eine intakte Familie haben konnte. Sie hat leider nur mit den Schultern gezuckt und gesagt: „Keine Ahnung, war doch auch schön, oder?“ Das hat mich ein wenig geerdet, denn mit Sicherheit war nicht immer alles Sonnenschein und trotzdem waren wir alle so zufrieden, dass ich heute noch sagen kann, so will ich es auch hinkriegen. Aber so richtig raus aus dem Dauerkreisel des Selbstfindungstrips der Großen kam ich gerade erst, und zwar mit vorzeitigen Wehen bei 23+2, also im sechsten Monat mit Kind Nummer zwei. Reif für die Klapse, 10 Tage stationär in der Gyn, Wehenhemmer und eine ordentliche Portion Realität. Man steckt eben nicht drin, auch wenn man immer glaubt, es selber alles im Griff zu haben. Jetzt heißt es eigentlich: Füße still halten und Beruhigungstee schlürfen, aber mit einem dreijährigen Kind, das eben von Natur aus erst einmal an sich denkt und haben will, ist das fast unmöglich. Ich seh sie mir gerne an, wenn sie schläft. Geringelter Schlafanzug, Mund offen, leises Schnarchen. In diesen ruhigen Momenten glaube ich dann wieder zu wissen, dass es Glück gibt, egal wie kompliziert meine Welt geworden ist.

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