Tunnelblick



Die folgenden Tage sind geprägt von meiner Unsicherheit, von der Trotzigkeit der Großen und von Streit mit meinem Mann.
Der Streit gipfelte dann am Sonntagabend in Tränen und Krise, leider kann ich das und auch mein Verhalten der letzten Jahre wohl schwerlich auf die neuen Hormone schieben. Eigentlich habe ich mich immer von ihm ignoriert gefühlt, irgendwie hilflos und allein gelassen, aber seit gestern weiß ich, dass oft ich es bin, die nicht für ihn, sondern nur noch für das Kind da ist. Ich kaue schwer an unserem Gespräch und weiß nicht, wie ich aus meiner eigenen Opferrolle überhaupt herauskommen soll. Ich muss es aber wohl, wenn ich diese Beziehung haben will und eben auch die Familie, in der wir nun bald zu viert sein werden.
Natürlich vernachlässigen wir Muttis die Papas und natürlich reicht das, was sie tun, niemals aus, um irgendetwas zu kompensieren, was wir zwischen schlaflosen Nächten, Windeln, Stillen, Kotzen, krank sein und Dauerbespaßung durchmachen. Wir haben kein Wochenende, können nicht mehr ausschlafen, kaum noch mal alleine auch nur zum Sport, der Haushalt, Wäsche, der Kleinen und dem Mann hinterherräumen und irgendwie versuchen, es gemütlich zu machen, das schlaucht und es macht einen Tunnelblick.
Seit gestern weiß ich aber, dass sich diesen Tunnelblick und (vielleicht) nicht befriedigbare überhöhte Ansprüche, schon sehr viel länger habe. In meinen Augen war es nie viel. Leg das Handy weg, wenn wir reden, iss mit mir am Tisch und mach dabei den Fernseher aus, spiel mit der Kleinen, nimm mir was im Haushalt ab und wirf deine Socken in die Wäschebox! Mit unserem Sexleben war ich ohnehin schon immer heillos überfordert, er unterfordert und frustriert. Ich zeige keine Initiative – warum auch, ich habe keine Lust – ich habe keine Lust, mich schick zu machen – warum auch, ich sitze am Schreibtisch, die Lust wird auch nicht besser, weil ich oft ohnehin schon sauer bin, weil ich mich ignoriert und in meiner Wichtigkeit hinter einem ipad und einem iphone angesiedelt fühle. Ich finde, er hat kein Interesse an mir, er findet, er gibt mir Freiraum und hält seine Bedürfnisse zurück. Er fühlt sich ungerecht behandelt und seine Gefühle nicht beachtet, ich fühle mich ignoriert.
Schwierig wird es jetzt: Trotz allem muss ich versuchen, ihm entgegen zu kommen. Und ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie ich das machen kann.

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