Die Schneekugeltheorie

Familien sind ein bisschen wie Schneekugeln. Oft sind sie bunt, sie glitzern und sind wirr. Wenn man sie schüttelt, ist was los und es dauert immer ein bisschen, bis alle wieder zur Rühe gekommen sind.
Betrachtet man das Konzept Familie tatsächhlich einmal als wissenschaftliches Schneekugel-Experiment, so muss eigentlich auch einem Doofen auffallen, dass es nicht mit gleichem Ausgang zu reproduzieren ist. Niemals. Oder allerhöchstens mit einer Zufallswahrscheinlichkeit von p=Morgen-friert-die Hölle-zu.
Schon morgens mit dem Aufwachen oder sogar noch viel früher, nämlich mit einer unruhigen Nacht, wird die Kugel geschüttelt und legt den Grundstein für einen neuen Tag. Wo dabei welchens Fitzelchen liegenbleibt, ist völlig offen. Genauso wie es noch nicht raus ist, wer welche Laune hat, was anziehen oder frühstücken  möchte und wann welchen Ausraster noch vor dem Kindergarten bekommt.
Und genau aus diesem Grund gibt es einige Sätze, die weder Verifizierbarkeit noch Reproduzierbarkeit haben.
Da ist zum Beispiel mein All-Time-Favourite: Marie-Sofie schläft jetzt durch.
Buaaaahhaaaahaaaahaaa!!! Ich lach mich weg. Ernsthaft, es gibt Eltern die sagen genau das. Sie schläft jetzt durch. Ganz so, als säßen genau sie nicht in einer Schneekugel, sondern in einem gut sortierten Kügelchen, das Wasser abgelassen und die Glitzerfitzelchen hübsch verpackt und nach Farben aufgeteilt.
Nein. Marie-Sofie schläft nicht durch. Es gab eine Nacht, oder bei sehr viel Glück eine gewisse Anzahl an Nächten, in denen Marie-Sofie nicht wie blöd im Bett gestrampelt, geheult und gezetert hat oder eine Flasche haben wollte. Marie-Sofie schläft durch ist wissenschaftlich nicht belegbar und im Normalfall nicht reproduzierbar, denn die Glitzerfitzelchen fliegen und wirbeln, dass man nur staunen kann. Eine Erkältung, ein neuer Zahn, Bauchweh, zu wenig Mittagsschlaf, Stress im Kindergarten und schlecht verdautes Essen sind nur einige der nicht beeinflussbaren Faktoren, die auf Marie-Sofie einwirken und die Annahme H0=Marie-Sofie schläft durch ad absurdum führen.
Zusätzlich gibt es sekundäre Faktoren wie Stress auf der Arbeit, Mama hat schlecht geschlafen, das Baby hat Durchfall, die Nachbarn sind laut und doof, der Hund hat einen Dachschaden, Tante Gerte kommt zu Besuch, die Steuererklärung ist fällig, keine sauberen Socken mehr im Schrank, um nur einige wenige zu nennen, die die Wahrscheinlichkeit der Annahme H0 eindeutig gegen 0,00000001% gehen lassen.
So ist die Welt, so ist das Leben.
Meine Schneekugel heute früh bescherte mir ein Baby, dass bis 2 Uhr nicht so gerne schlafen wollte, dafür aber ab 4 schon wieder wach war, eine Große, die zwar bis halb acht geschlafen, aber trotzdem nölig schlechte Laune hat, jetzt sofort Schokomüsli haben will und ein Lotti-Karotti spielen möchte. Später kommen die Nachbarn zum Grillen, ich muss aufräumen und richten und sitze stattdessen mit dem Laptop und krummem Rücken am Couchtisch, weil die Kleine nicht mehr liegen mag.
Nicht der schlechteste Morgen. Ich bin dann mal Lotti-Karotti spielen. Viel Glück mit euren Schneekugeln und immer daran denken: Der Status Quo mag noch so schön oder schlimm sein, morgen flittern die Glitzerfitzelchen wieder anders und wir haben einen neuen Tag.

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