Mütterforen – die Keimzellen der Gehässigkeit



Viele von uns haben sie, in den unterschiedlichsten Größen, Formen und Farben: Kinder. Wir freuen uns über sie, sind manchmal genervt von ihnen und trotzdem unfassbar stolz, dass wir diese kleinen Wesen Stück für Stück groß bekommen. Leider steht man in der Erziehung von Kindern eigentlich ab dem ersten Ultraschallbild unter enormem gesellschaftlichen Druck, denn hier beginnt die Phase des „Was kann es denn schon?“ und „Wie klappt es bei euch?“ Der schönste Bauch, die schmerzmittelfreieste Geburt, die glänzendste Käseschmiere. 
Ist das Moppelchen dann auf der Welt, wird Mutter beinahe täglich mit dem neuerlichen Versagen des Kindes und ihrer selbst konfrontiert. 
Sie stillt/ stillt nicht. 
Trägt das Kind zu viel/ zu wenig. 
Gibt Kügelchen/keine Kügelchen. 
Füttert zu/ füttert nicht zu. 
Fördert die Motorik/ fördert nicht. 
Wie, deins dreht sich noch nicht? Jetzt echt, Gläschen? Nein, du kannst doch jetzt noch nicht mit dem in Urlaub/ auf die Wiese/ zum Impfen! Hat die grad den Hund ANGEFASST?
Ja. Und abgeleckt. Läuft bei uns. Denn eigentlich ist es vollkommen egal, was Mutti tut, es gibt immer jemanden, der es anders macht/ besser weiß/ im Ashram gelernt/ im Internet gelesen hat. 
Apropos Internet: Hier wird der Spielplatz-Kampf auf die Spitze getrieben und ich schlucke manchmal schwer, was es auf Facebook und Co in Mütterforen zu lesen gibt. Dank Anonymität wird sich hier nämlich auf tiefstem Niveau in die Pfanne gehauen und zwar für alles. Kleines Beispiel.
Freundliche Nachfrage: Mein Kind schläft so schlecht ein, hat jemand einen Tipp?
Mutter A (die Liebevolle): Lass dich nicht verunsichern, der Justusmaximilian findet auch ganz schwer in den Schlaf! Kussi!
Mutter B (leicht genervt): Ja habt ihr denn keine Einschlafrituale????????
Mutter C (die Gehässige): Nee, das kenn ich ja gar nicht, meine schlafen seit sie auf der Welt sind durch.
Mutter D (hat den Durchblick): Das ist das Weißmehl am Abend, ich sag doch, Kichererbsenmehl!!! Dieser ganze Industriefraß, den ihr in eure Kinder stopft, widerlich!
Es entbrennt daraufhin eine beleidigende und herabsetzende Diskussion um zu frühe Beikost, Zucker, Impfungen, Autismus, Kinderbücher auf dem Index und die Unverantwortlichkeit mit der Kinder einfach immer was zu essen in die Hand gedrückt bekommen. Ach ja: Und den Zwang, sie schlafen zu legen versus schreien lassen, Attachment Parenting und den Sinn des Lebens. Leider auf so niedrigem Niveau, dass man es peinlich berührt dennoch bis zur letzten Zeile lesen muss.
Ich habe einmal den Fehler gemacht, jemanden in so einem Forum zu fragen, ob ihr eigentlich bewusst ist, was sie da von sich gibt. Es ging um die sogenannte Lotus-Geburt. Nicht etwa eine bestimmte Gebär-Haltung sondern der Trend, die Nabelschnur nach der Geburt nicht zu durchtrennen. Für mehrere Wochen. Ich war irritiert und musste mir dann sagen lassen, was ich eigentlich für eine ignorante Schlampe sei und dass ich mit Sicherheit per Kaiserschnitt entbunden hätte. Fünf Mütter sprangen mich über die Kommentarfunktion verbal an, als ich sagte, ich fände es äußerst seltsam und eben ganz und gar nicht natürlich, einen geölten und gesalzenen Mutterkuchen samt Kind für einige Tage oder Wochen mit mir herumzuschleppen. Auf den Hinweis, dass es hygienisch unverantwortlich und für das Kind (wegen Abreißen der Nabelschnur) auch nicht ungefährlich sei, wurde mir dann gesagt, dass ich ohne medizinisches Wissen auch einfach die Fresse halten könnte und dass es eine Sauerei wäre, wie hektisch Geburten ablaufen und was das alles für eine Maschinerie sei und dass die Kinder viel zu früh abgenabelt würden. 
Stimme ich zu, muss ja nicht alles hau-ruck, aber wisst ihr, wie groß so ein Mutterkuchen ist? Stinkt das nicht trotz verschiedenster Ayurveda-Öle und Himalaya Salze? Um es kurz zu machen, ich bin schwer irritiert von Mütterforen und habe mir geschworen, ich werde mich abmelden oder lediglich humoristische Beiträge posten und dann dabei zusehen, wie sich das Muttervolk gegenseitig zerfleischt. Und mit ihren Mutterkuchen sollen sie alle machen, was sie wollen, denn so genau wollte ich es eigentlich nie wissen.

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