Mozart versus Foo Fighters




Die Pränatal-Diagnostik unserer Zeit ist weit, und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, ich bin froh, dass es sie gibt. Was ich lange nicht kannte, ist die sogenannte Pränatale Frühförderung, also die Frühförderung in Fötusstadium. Klingt in meinen Ohren etwas seltsam, ist aber wohl in der Zwischenzeit ein echter Markt. Es reicht in unserer leistungsorientierten Welt nicht mehr, Kindern in der Schule etwas beizubringen oder sie im Laufe ihrer Kindheit ihre eigenen Erfahrungen machen zu lassen, nein. Vergessen wir Grundschul-Mandarin, Englisch im Kindergarten und das Auswendiglernen von Zehnzeilern in der Krabbelgruppe. Wer sein Kind tatsächlich effektiv fördern will, der muss früher aufstehen und noch früher anfangen, nämlich im Mutterleib. Ansonsten, Sie kennen das, Zeitfenster gehen zu, Synapsen verkümmern und Hirnverbindungen verschwinden auf Nimmerwiedersehen. Mozart muss es sein, dann wird das Kind später intelligenter und hat eine bessere Feinmotorik. Die engagierte Mutter von heute lässt nichts unversucht, da wird vorgelesen, getrommelt, geleuchtet und gewärmt. Alles in freudiger Erwartung auf ein optimiertes Wunderkind. Vorbei die Zeiten, in denen man sich einfach nur auf das Kind gefreut hat, dessen Entwicklung ja ohnehin an ein Wunder grenzt. Mir haben sie die Zwerge nach der Geburt auf den Bauch gelegt und ich dachte nur, ein Ohr, krass, diese Natur! Und nicht: So, Mäuschen, jetzt aber Butter bei die Fische! Wenn ich ehrlich sein darf, Kind 1 hat mich eine Schwangerschaft lang einfach nur mit der Tatsache beschäftigt, dass es da war und dass wir so schnell nie mehr zu zweit sein werden. Bei Kind 2 gab es so viele Komplikationen, dass ich nie auf die Idee gekommen wäre, mir Glöckchen um den Bauch zu binden oder mit einer Taschenlampe Morsezeichen in meinen Uterus zu schicken. Zu allem Überfluss habe ich auch noch einen begrenzten Zugang zu klassischer Musik. Ich höre die Foo Fighters, häufig auch Pink Floyd oder auch einfach nur Radio. Und solange Mutti ein Lied gefällt und sie sich wohlfühlt, sind meiner Meinung nach auch die Stresshormone niedrig und der Fötus zufrieden. In der nächsten Krabbelgruppe werde ich mir dennoch den Jux erlauben und mal die Mutter von Felix fragen, ob sie ihn denn auch schon im Bauch mit der dämlichen Blink-Rassel malträtiert hat, die ihm laut ihrer Aussage so gut gefällt. Das arme Kind ist nämlich mit den Spielsachen der evangelischen Familienbildungsstätte immer völlig unterfordert, obwohl es  kaum den Kopf selbst halten kann. Vielleicht sollten wir direkt die Anschaffung von Lerncomputer anregen, Krabbelgruppe ist ja sowas von Old School für die perfekt pränatal geförderten Felixe dieser Welt.

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