Pixie statt Pixel für alle!





Der Tag beginnt um sechs Uhr früh, meist mit einem Schreikrampf – ein Traum, ein vermisstes Spielzeug, Hunger auf ein Wurstbrot oder ähnliches, dann tapsen wir nach unten, machen Milch warm und ich bekomme eine 0,5 Liter-Tasse starken Kaffee. Dann ist es Morgen und es liegen vier Lieblingsbücher bereit, die Pflichtlektüre bevor überhaupt der Schlafanzug ausgezogen werden darf.
Auch wenn der Tag auf diese Art eine Stunde früher beginnt als er eigentlich müsste, tut das Lesen uns irgendwie gut, gibt Ruhe und einen angenehmen Einstieg in den Tag. Dass es immer dieselben Bücher sind, hat mich nur am Anfang gestört, denn wie jede Mutter bin ich inzwischen das begeisterte „nochmal!“ in so vielen Situationen gewohnt und bemühe mich nach Kräften, mich zurückzuhalten. (Man sollte allerdings nicht zu genau hinsehen, wenn die Kleine puzzled, denn da muss ich mir auf die Finger beißen, um nicht zu schreien: „Verdammt, Hase, das ist eine ECKE!!!“)

Vorlesen in der Familie und eine phantastische Bibliothek

Lesen ist wichtig, Lesen bildet und es macht vor allem Spaß. Da aber nicht alle Kinder die gleichen Möglichkeiten für einen Zugang zu Büchern und Vorlesegeschichten haben, betreut die Hessenstiftung – Familie hat Zukunft mehrere Projekte zur Lese- und vor allem zur Vor-Lese-Förderung und ich finde es schön zu hören, dass einmal nicht nur nach amerikanischem Vorbild an Kinder herumgefördert wird, sondern auch wir Eltern an die Hand genommen werden. In Zusammenarbeit mit der Phantastischen Bibliothek in Wetzlar, Kitas und Familienbildungsstätten werden im Rahmen des Projektes ehrenamtliche Vorleser ausgebildet, die nicht nur in der Bibliothek vorlesen, sondern auch von Familien eingeladen werden können, um dort den Kinder vorzulesen. „Es gibt viele Familien, die keinen wirklichen Zugang zum Lesen haben.“ erklärt Dr. Ulrich Kuther von der Hessenstiftung. „Es gibt Analphabetismus und andere sprachliche Barrieren, aber auch Familien, die keine geeigneten Bücher besitzen und eher auf elektronische Medien zurückgreifen. Der Besuch der Vorleser kann hier wirklich neue Welten eröffnen und zu einem sprachlichen und kommunikativen Fortschritt in der Familie beitragen.“ Dabei ist es laut Dr. Kuther glücklicherweise tatsächlich nicht von Belang, ob nun das gleiche Buch wieder und wieder vorgelesen, Geschichten erzählt oder Bilderbücher kommentiert werden. „Kinder bemerken Variationen in den Geschichten, sie ergänzen selbst, spannen je nach Alter auch eine Erzählung selbst weiter.“
Und warum ist es so wichtig, dass Kinder mit Büchern in Berührung kommen? „Es ist sehr wichtig für die kindliche Entwicklung. Kinder tauchen in andere Welten ein, das ist von unschätzbarem Wert für ihre Gehirnentwicklung, die neuronale Entwicklung. Bei Kindern, die früh und häufig fernsehen oder einfach vor dem Bildschirm geparkt werden, kommt es zu Entwicklungsverzögerungen, je früher der Konsum beginnt, desto schlimmer. Dabei lassen sich Kinder von Erzählungen und Vorgelesenem so leicht fesseln, man kann sagen, es entsteht wirkliches Kopfkino, das kann kein Film und keine CD ersetzen, die dem Kind ja das Denken, das imaginative Abenteuer, völlig abnehmen. In der Familie können aus den Geschichten gemeinsame Aktionen entstehen, Spiele, Verkleidungen und ähnliches. Und was noch wichtiger ist: Es entsteht eine starke emotionale Bindung zwischen Leser und Zuhörer, die die Beziehung zwischen Eltern und Kindern stärkt.“ Aus diesem Grund fördert die Hessenstiftung gemeinsam mit der Stiftung lesen auch noch ein weiteres Projekt: „Papa liest vor“. Hier sollen Väter angesprochen werden, sich aktiv am Vorlesen zu beteiligen, was traditionell eher die Mütter tun. „Besonders für Jungen ist es wichtig, dass auch der Vater liest und vorliest. Lesende Väter sind die beste Bildungsimpfung, denn die Kinder sehen, dass es auch zur männlichen Rolle gehört.“ Das Projekt wendet sich konkret an Firmen, hessenweit bereits über 100, die ihren männlichen Mitarbeitern wöchentlich über den firmeninternen Server kostenlos eine ausgesuchte Geschichte, kleine Tipps und Vorlesestrategien zur Verfügung stellen, die einfach heruntergeladen werden können. „So bringen Väter am Wochenende nicht nur Heimarbeit und Stress mit nach Hause, sondern eben auch eine schöne Geschichte. Sie müssen nicht lange suchen, ein Buch kaufen und zusätzlich Zeit investieren, es wird alles bereitgestellt.“
Auch ich werde mich freudig an die Bücher halten, der Sandmann – so wenig ich ihn mag  - reicht für's erste als angemessene und altersgerechte Bildschirmberieselung, und die Baby-Einstein-DVD's werde ich auch weiterhin allen Müttern in meiner Umgebung ausreden, die mir in die Fänge kommen.

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